Kurztrip, sprich: Microadventure

Glamping, Trailrunning und Biken in Südböhmen

Es ist Frühling und definitiv Zeit für zumindest eine kurze Tour an einem kinderfreien Wochenende. Unsere zweite Heimat ist Liebenau im Mühlviertel. Grenzregion zu Tschechien. Glaubt man manch (rechts-) populistischen Stimmen, wohnen wir damit in einer absoluten Gefahrenzone, zwischen Schleppern, illegal überladenen LKW mit fraglichen Gütern, ebenso illegalen Etablissements mit zweifelhaften Angestelltenverhältnissen und sowieso kommen nur Kriminelle und sämtliche Wölfe von dort, die jetzt die oberösterreichischen Qualitätsschafe regelrecht niedermetzeln. 

Wer sich allerdings über die Meinung anderer hinwegsetzt, wird in Tschechien ein ziemliches Urlaubsparadies finden, gerade für Radfahrer mit und ohne Kindern. Das Radwegenetz ist nämlich ausgesprochen gut, es gibt ein attraktives Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten, die Menschen sind nicht anders als in Österreich, nur freundlicher, das Bier ist tatsächlich legendär und in den vielen modernen Cafés bekommt man Kaffee wie man ihn aus guten internationalen Coffeeshops kennt, keine Gastritis-induzierende Landgasthof-Brühe.

 

Spontan geht immer Airbnb, also buche ich einen alten Camping-Wagen auf einem privaten Stellplatz mitten im Grünen, unweit von Volenice. Volenice liegt in Südböhmen und wird erstmals im Jahr 1227 erwähnt. Der Ort hat um die 500 Einwohner und ist, würde man sagen, ein typisches, kleines, südböhmisches Dorf, mit Kirche, Wasserbrunnen am Dorfplatz, Feuerwehrhaus, Fußballplatz und einem kleinen Einkaufsladen mit unbekannten Öffnungszeiten. 

Ein Wohnwagen, 2 Gravelbikes. Was will man mehr?

Südböhmen ist für Trailrunning zwar schön, aber wir entscheiden uns für die Gravelbikes und es wird dann eine Mischung aus Laufen und Radfahren. Das Gravelbike war aber definitiv eine gute Wahl, denn allein die Fahrt zum “Privaten Platz mitten im Grünen” gestaltet sich etwas abenteuerlich. So abenteuerlich, dass ich es vorziehe, mit meinem – tschechischen – Skoda nur einmal auf den Platz zu fahren, dann drei Tage zu parken und zu hoffen, dass kein Starkregen kommt und den “Weg” bzw. die Wiese völlig unpassierbar macht. Sämtliche Einkäufe werden eben mit dem Rad erledigt. 

Glamping-Life: Frisch gebrühter Kaffee im Wohnwagen, dann Morgenwäsche am Bach und Porridge zum Frühstück. 

Wir kommen relativ spät abends an, doch die Vermieter sind sehr freundlich und verständnisvoll und fahren mit uns im Stockfinsteren trotz Abendprogramm im Fernsehen noch zum Campingwagen. Der Wagen ist sehr liebevoll eingerichtet, mit einem großen, gemütlichen Doppelbett und einer kleinen Küche. Die Solar-Außendusche funktioniert leider nicht, aber zum Grund gehört ein kleiner, knöcheltiefer Bach mit eigenem Zugang und einer kleinen Badestelle. Das reicht – auch, wenn im Mai das Wasser noch recht kalt ist. Auch der Außenbereich ist sehr hübsch hergerichtet, also wirklich zum Wohlfühlen. 

Grillen am Feuer ist immer ein Highlight. Ob Tofu, Omelette oder Burger. Am Feuer ist es einfach am besten. 

Die Touren planen wir spontan nach Befinden, und so werden es am ersten Tag 81 km mit 1610 Höhenmetern, am zweiten Tag kombiniert Laufen und Radfahren mit 22,7 km Laufen mit 690 Hm sowie 50 km Radfahren mit 1020 Hm, und am dritten Tag 68 km mit 870 Höhenmetern, quasi zum Auflockern bevor wir wieder heim fahren. 

Die Bike-Touren bestehen aus einer Mischung aus Schotter, Waldwegen und Straße. Wir fahren sehr nette Passstraßen, passieren kleine Dörfer und sehr nett hergerichtete Städte wie Kašperské Hory (Deutsch: “Bergreichenstein”), die höchstgelegene gotische Stadt Böhmens und so hübsch, dass wir nach der ersten Besichtigung mit dem Rad beschließen, am nächsten Tag mit dem Rad nochmal hierher zu kommen und von hier aus eine Runde zu laufen. Wir entdecken auf der Tour, dass diese Region bereits im 13. Jahrhundert als Ansiedlung von Bergleuten bekannt war, nachdem Goldlagerstätten gefunden wurden. Rund um die Bergstadt findet man ein System von Stollen, eingefallenen Gruben und verschlossenen Löchern, die gefühlt überall im Wald plötzlich auftauchen. Über allem thront die Burg Kašpersk, bzw. Karlsberg, die Karl IV rund um 1360 erbauen ließ sowie den durchaus auch bei uns bekannten Goldenen Steig, der eine neue Route über Reichenstein nach Passau bis ins Salzkammergut geworden war. 

Großartige Gravel-Strecken überall! Schotter, Wald, Straße, Wiese… alles dabei. Wir fahren durch kleine, wunderschöne Städte wie Kašperské Hory, zu Aussichtstürmen im Wald und laufen an Relikten der früheren Bergbaubetriebe vorbei. Sigrid vermutet nach ihren Ahnenforschungen außerdem, dass ein Teil ihrer Familie durch Frymburk stammt. Könnte sein, dass Sigrid schon länger in die Gegend fahren wollte. Könnte sein, dass ich das beim Buchen des Airbnbs auch ein bisschen bedacht habe. 

Das Schöne am spontanen Reisen ist, dass man eigentlich immer Schätze wie diese entdeckt, und viel über die Geschichte und Kultur lernt, wenn man sich darauf einlässt. Reisen zu Fuß, Laufend Entdecken oder mit dem Gravelbike die Gegend erkunden ermöglicht es, schnell einen Eindruck von einem Ort zu bekommen. Darum schätzen wir Mikro-Abenteuer wie diese so sehr, lernt man doch so viel dazu. 

 

Und das Camp-Leben? Sigrid ist ja nicht nur Trailläuferin und Herausgeberin und Begründerin des Magazins “Trailrunning-Szene”, sondern auch eine begnadete Köchin, die noch dazu gern im Freien kocht. Mein ursprünglicher Menüplan von Haferflocken, Brot und Erdnussbutter wurde, seit ich sie kenne, unendlich aufgebessert: da klingen Protein-Porridge mit frischem Obst und griechischem Joghurt oder Rucola-Omelette und Abends frische Burger vom Grill doch gleich viel besser. 

 

Können wir einen spontan-Glamping-Urlaub in Tschechien empfehlen? Ja, definitiv. 

Wir besuchen Schloss Zamek und trinken dort außerordentlich guten Kaffee. Alles in allem ein schöner Abschluss eines gefühlt gar nicht so kurzen Kurztrips. 

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