Unterwegs mit Karin von 2Women2Wild

Das packt Karin für eine kurze Tour mit Übernachtung ein

Ihr möchtet einmal eine Nacht im Freien schlafen, habt aber nicht so recht eine Vorstellung, was ihr dafür alles braucht? Die Fotografin und Outdoor-Expertin Karin von 2Women2Wild gibt euch Tipps für euren ersten Overnighter. 

 

„Karin, du warst letztes Wochenende mit den Kids draußen unterwegs. Wie sieht so eine Tour bei euch aus?“

Ich war mit den Kindern auf einem der wenigen offiziellen Biwakplätze in Österreich. Wobei das fälschlicherweise “Biwakplatz” genannnt wird, eigentlich ist es einfach ein primitiver Zeltplatz in einem Nationalpark. Man gelangt auf verschiedenen Routen dort entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad hin, die schnellste Route zu Fuß dauert etwa eine Stunde und verläuft auf einer gut ausgebauten Forststraße. 

 

„Deine Kinder sind ja 5 und 8. Wie macht ihr das mit dem Gepäck? Trägst du alles allein?“

Nein, das wäre viel zu viel. Weniger wegen des Gewichtes, eher wegen des Volumens. Schlafsäcke sind nicht unbedingt schwer, aber oft recht voluminös. Den kann auch meine 5-jährige locker selber tragen. 

Für einen kurzen Overnighter haben wir ja nicht allzu viel Gepäck, vor allem das Essen ist auf längeren Touren immer schwer, manchmal muss man auch viel Wasser mitschleppen – aber der Zeltplatz war direkt neben einem Bach, da reicht dann eine Trinkflasche für jeden – und ein Wasserfilter.

Schlafsäcke

Ich teile das Ganze so auf: meine Kinder haben beide Trekkingrucksäcke, in unserem Fall haben beide den Bergans Birkebeiner Jr 30, den kann auch meine jüngste mit ihren 120 cm Größe schon tragen. Darin haben Schlafsack – wir verwenden aktuell den Nordisk Balance 400, der 800 g wiegt und – für Erwachsene – einen Komfortbereich von 3 Grad hat. Der Balance ist ein wasserabweisender Daunenschlafsack. Daune, weil das Gewicht-zu-Wärme-Verhältnis einfach unschlagbar ist, gerade wenn wir im Frühjahr oder im Norden unterwegs sind. Die wasserabweisende Daune macht ihn auch für feuchtere Gebiete geeignet. 

Wir benutzen seit diesem Jahr Erwachsenen-Schlafsäcke. Bis dahin hatten wir Kinderschlafsäcke, aber – leider – kommen in Sachen Wärme, Funktionalität und Packmaß Kinderschlafsäcke einfach nicht an Schlafsäcke für Erwachsene heran! Ich nehme für die beiden den kleinsten Schlafsack, und, wenn möglich, einen körpernah geschnittenen Damen-Mumienschlafsack, das hat sich jetzt gut bewährt. 

Ich selber benutze, wenn ich ultraleicht unterwegs sein möchte, seit kurzem gar keinen Schlafsack, sondern einen Quilt. Das ist quasi eine Decke mit einem Fußteil, die mit Bändern unten versehen ist, die ich entweder rund um die Isomatte binden kann oder, wenn es eher kalt ist, wickel ich mich damit ein. Ich verwende dabei den NEMO Pulse Backpacking Quilt, der einen Komfortbereich von -1 Grad hat und beeindruckende 500 g wiegt! Leichter geht es fast nicht mehr. Auch das Packmaß ist beeindruckend klein und die Daune wurde ebenfalls behandelt, um einerseits wasserabweisend zu sein und andererseits schneller zu trocknen. 

Und die Matten?

Zum NEMO-Quilt gibt es eine passende Matte dazu, die Tensor Elite Ultralight. Sie ist sehr minimalistisch, etwas rutschig an der Oberfläche aber wiegt nur 240 g bei immer noch einer respektablen Isolierleistung. 

Die Kinder benutzen seit vielen Jahren Matten von Big Agnes – eher robuste mit einer guten Wärmeleistung, nicht die ultraleichten, die waren mir gerade im Kleinkind- und Babyalter zu filigran. Jetzt, nach 7 Jahren, beginnt bei einer Matte die Luft langsam auszugehen. Da brauchen die Kinder wohl bald mal neue. 

Zelte

Für die Kinder habe ich ein Bikepacking-Zelt von NEMO, das Dragonfly Osmo Bikepack. Das ist ein sehr robustes, solides Zwei-Personenzelt. Eigentlich ein “normales” Dragonfly Zelt – seit Jahren von NEMO weiterentwickelt und sehr bewährt und von vielen geliebt – allerdings mit Gestängebögen, die kleiner zusammengelegt werden können und mit einer Hülle, die gleich an den Lenker eines Fahrrades befestigt werden kann. Ich hatte über 10 Jahre einen Vorgänger dieses Zeltes und es über alles geliebt, das Dragonfly Bikepack verspricht nun ein ebenso treuer und zuverlässiger Begleiter bei zukünftigen Zeltnächten zu werden. Mit ca 1,7 kg inkl. Hülle, Heringen und allem was dazu gehört ist es auch noch halbwegs leicht. 

Für die Kinder bevorzuge ich die recht robuste und geräumige Konstruktion, auch im schlechtesten Wetter und Sturm kann ich mich auf das Dragonfly verlassen. Da scheint mir das etwas höhere Gewicht gerechtfertigt. 

Ich selbst benutze entweder das ultraleichte NEMO Elite OSMO Ultralight, das mit ca 800 g deutlich leichter, aber auch deutlich weniger stabil ist. Und man liegt schon mal ziemlich im Wind wenn es draußen stürmt. 

Oder ich benutze das noch leichtere Nordisk Lofoten 2 ULW, das mit den minimalistischen Heringen sogar nur 590 g wiegt und somit das leichteste 2-Personen Zelt seiner Klasse ist. Es ist relativ sturmstabil durch seine Tunnelkonstruktion, zwei Personen müssen sich aber schon ziemlich reinquetschen, gerade der Fußraum ist sehr eng. Als Ein-Personen-Zelt ist es aber genial. Im Prinzip stellt sich bei so leichten Zelten für mich gar nicht mehr die Frage, ob ich einen Biwaksack mitnehme oder ein Zelt – wenn irgendwie möglich, ziehe ich die Freiheit eines Zeltes eigentlich immer einem Biwaksack vor und der Gewichtsunterschied zu einem guten Biwaksack ist fast nicht mehr spürbar. Für mich auch die Nr. 1 für den Einsatz in einem Bikepacking-Rennen. 

 

„Karin, und was machst du mit der Axt?“

Haha, naja wenn ich mit den Kindern schon zu einem schönen Lagerplatz unterwegs bin, dann wollen wir auch ein wirklich schönes Lagerfeuer am Abend. Manchmal kommt dann die Axt mit. Und außerdem habe ich immer ein gutes Messer dabei. Aktuell bin ich ein großer Fan der finnischen Peltonen-Messer. Die haben im Prinzip nur drei verschiedene Messer in unterschiedlichen Ausführungen, aber das kleine Messer ist ein grandioses Schnitzmesser und das mittlere ein wunderbares Allround-Messer für so ziemlich jede Gelegenheit. Ohne Messer gibts jedenfalls kein Lager. Zur Not, wenn es ultraleicht sein soll, ist zumindest ein kleines Opinel mit dabei.

 

„Kocht ihr am Feuer?“

Ja, wir grillen und kochen dann gern an der Feuerstelle. Oft findet man bei Feuerstellen einen Grillrost, den nutzen wir gern für Brot, Tofu, Würstchen oder Schokobananen. 

Ich habe aber auch für Kakao und Kaffee einen kleinen, leichten Kocher dabei, z.B. den Soto Windmaster, der sehr leicht, klein und zuverlässig ist. Zusammen mit dem kleinen Thermostack Topfset und einem Kaffeefilter wie dem Soto Helix Coffee Maker hat man alles, was man braucht. 

Die Kinder benutzen gern die Tassen von Kupilka, die liegen so gut in der Hand.

 

„Und das Wasser nehmt ihr aus dem Bach?“

Ja, wenn eine Wasserquelle in der Nähe vom Lagerplatz ist, ist das natürlich ein ziemliches Komfort-Plus. Ansonsten müsste man einen größeren Wassersack mitnehmen, um z.B. Wasser von einer entfernten Quelle zu holen, oder man hat für die Zeit, in der man unterwegs ist, genug Wasser mit. Das kann aber sehr schnell sehr viel sein! 

Das Wasser muss, je nachdem, woher es kommt, gefiltert werden. Bei einer Quelle in den Alpen kann man das Wasser oft durchaus direkt trinken, manche Bäche haben auch Trinkwasser-Qualität. Andere nicht, besonders, wenn z.B. oberhalb Weideflächen sind oder wenn das Wasser z.B. durch Biberdämme aufgestaut wird. Es stimmt zwar, dass sich der Bach selbst reinigt, aber man sollte ihn schon kennen, um dem Wasser zu vertrauen. 

Ich nehme zur Sicherheit, gerade wenn ich mit den Kindern unterwegs bin, einen Filter mit. Mit Katadyn Filtern habe ich schon lange nur gute Erfahrungen gemacht. Aktuell testen wir einen neuen Filter der Firma Vitaloop. Ich habe den Erfinder kennengelernt und finde sein Produkt sehr durchdacht. Ist man sich trotz Filter unsicher, kann man noch Micropur-Tabletten von Katadyn hinzufügen, das Wasser bekommt dann aber einen Chlorgeschmack. Nicht alle mechanischen Filter filtern alles, und bei UV-Filterstäben wäre ich sowieso vorsichtig bis skeptisch – die funktionieren im Labor und in der Industrie, aber weniger im Outdoor-Bereich. 

 

„Und was hast du sonst noch dabei?“

Eine Stirnlampe  muss immer dabei sein. Manche Hochleistungs-Stirnlampen werden sehr heiß, da wäre ich im Zelt vorsichtig. Ein Loch ist sehr schnell gebrannt. Zum Zelten reichen recht einfache Stirnlampen, ich möchte damit eventuell am Lagerfeuer noch kochen können, im Zelt vielleicht lesen und den Weg aufs Plumpsklo finden können. 

Ein gutes Erste Hilfe-Set mit Zeckenzange und Desinfektion und Rettungsdecke gehört natürlich immer dazu. 

Bei den Rucksäcken kommt es auch drauf an, ob es eher ultraleicht oder robust sein soll. Bei vielen ultraleichten Rucksäcken leidet dann das Tragesystem auch darunter. Ich habe für meine letzte Tour nicht gerade einen ultraleichten Rucksack gewählt, aber ich mag den Tatonka-Bushcraft Rucksack Pyrox BC wirklich gern. Das ist ein 40 + 10 L Rucksack, also mit 50 Liter Volumen. Er ist unendlich robust, ich habe ihn bei meiner Wildnispädagogik-Ausbildung auch gern genommen, und er hat ein sehr gutes Tragesystem. 

Kleidungsmäßig zähle ich derzeit auf die sehr robuste Finnskogen oder Falketind Hosen von Norröna, zusammen mit dem atmungsaktiven Senja Equaliser Shirt und dem kuscheligen Femund Hoodie. Die Socken sind von Darn Tough Vermont, die sind nicht nur robust, sondern haben auch super lustige Motive. Hohe Wanderstiefel braucht man eigentlich nur bei wirklich schweren Lasten, im Hochalpinen oder wenn es kalt-regnerisch-sumpfig und nass wird. Hier reichen Multisport-Schuhe wie die AKU Flyrock GTX

Ohne Sonnenbrille geh ich fast nicht aus dem Haus. Ich mag meine Rudy Project Astral Sphere mit den photochromatischen Gläsern gern, für die habe ich auch ein optisches Insert als Ersatz oder Backup für meine Brille, wenn ich abends die Kontaktlinsen entferne.

 

„Deine Ausrüstung ist jetzt im mittleren bis oberen Preissegment. Was meinst du, braucht es teuer und ultra-leicht oder reicht auch der Schlafsack vom Diskonter?“

Das kommt drauf an, wie oft man draußen etwas unternehmen will. Will ich das Ganze nur einmal ausprobieren, gibt es vielleicht im Freundeskreis jemanden, der Ausrüstung leihen kann. Genauso wie alpine Vereine und auch Outdoor-Geschäfte manchmal Leihausrüstung zur Verfügung stellen. Tendenziell, wenn ich nur versuchen will, ob das überhaupt was für mich ist, würde ich mir alles einmal leihen. 

Ausrüstung vom Diskonter kann ganz gut sein, stößt aber auch dort und da an seine Grenzen. Zelte von Hofer, Lidl, Aldi und Co. sind eben nicht die wasserdichtesten, kompaktesten oder leichtesten. Die günstigen Schlafsäcke eignen sich dabei schon eher, vor allem als Hütten- oder Sommerschlafsäcke. Wenn es besonders günstig sein muss, würde ich bei den Matten auf faltbare Matten zurückgreifen, wie die Thermarest Z-Lite Sol  – sofern ich auf den eher dünnen und harten Matten schlafen kann. Kinder haben damit in der Regel kein Problem, bei Erwachsenen funktioniert das oft nicht mehr. 

Gute, kleine Gaskocher gibt es in allen Preisklassen, ebenso das Geschirr. Ich verwende seit Jahren einen Titan-Spork von Light my Fire, der ist sehr robust und mein einziges Besteck unterwegs. Da die Plastik-Sporks gern brechen, haben jetzt auch die Kinder die Titan-Version. 

In der Gallerie: Manchmal darf es auch – gerade mit Kindern – etwas luxuriöser sein: kleine LED-String-Lights verleihen der Wildnis gleich einen zauberhaften Flair. Am Rad muss Packen absolut optimiert werden, aber gerade Bikepacking wird immer beliebter – man kann in kurzer Zeit große Distanzen überwinden und erlebt vom Rad aus sehr schnell sehr viel. Am Abend dann noch ein netter Zeltplatz, und man kommt vom stressigen Alltag schnell runter. Grundlage ist, Spaß am Draußen-Sein zu haben. Erfahrung kommt mit der Zeit. Gute Ausrüstung verschönert sicher das Erlebnis, aber auch preiswerte Ausrüstung ist nicht schlecht – es kommt drauf an, wo, wie lang und wie schnell man unterwegs sein möchte. 

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